Überblick

Viele Menschen wünschen sich eine stressfreie und entspannte Mobilität. Sie möchten klimaschonend von A nach B und C und zurückkommen. Sie möchten sich ohne eigenes Auto schnell und sicher fortbewegen. In unseren Böll.Fakten zeigen wir Lösungen für nachhaltige Mobilität. Das hier ist ein Auszug daraus. Mehr Infografiken und Infos gibt es nur im Heft.

5. Lebenswerte Städte sind für Menschen, nicht für Autos gemacht

Kopenhagen gehört laut dem „Global Liveability Index 2019“ der Denkfabrik Economist Intelligence Unit zu den zehn lebenswertesten Städten der Welt. Unter anderem kam die dänische Hauptstadt wegen ihrer hervorragenden Verkehrsinfrastruktur unter die Top Ten. Kopenhagen ist weltbekannt für seinen vorbildlichen Radverkehr: Die Radwege sind breit, die grüne Welle ist auf Fahrradgeschwindigkeit eingestellt, es gibt Radschnellwege und Fahrradbrücken. Das Rad gilt in Kopenhagen als Hauptverkehrsmittel, sein Anteil lag 2018 bei 49 Prozent der Berufswege. Andere Städte, die als besonders lebenswert gelten und auf hohe individuelle Mobilität ohne Auto setzen, sind Wien, Zürich und Berlin. Laut der Studie „Mobility Futures“ des Marktforschungsinstituts Kantar liegt die deutsche Hauptstadt an der Spitze seines weltweiten Städtemobilitätsindex. Berlin weist im internationalen Vergleich ein sehr dichtes Haltestellennetz, günstige Preise für den Nahverkehr und eine grundsätzlich gute Möglichkeit auf sich fortzubewegen.

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6. In ländlichen Räumen kann die Abhängigkeit vom Auto verringert werden

Viele Menschen in ländlichen Gebieten sind auf ein eigenes Auto angewiesen. Die Abhängigkeit vom Auto kann jedoch durch eine Ausbau-Offensive der Bus-und Bahnanbindungen deutlich verringert werden. In der Schweiz beispielsweise gibt es Öffentlichen Personenverkehr flächendeckend. Es gelten dort Mindest-Bedienstandards: In und aus allen Orten, in denen mindestens 300 Personen wohnen und die nicht an den regionalen Schienenverkehr angebunden sind, müssen zwölfmal am Tag den Bus nehmen. In abgelegenen, dünn besiedelten Gebieten ohne Linienverkehr verkehren Rufbusse. Kein Wunder, dass in der Schweiz deutlich mehr Wege mit den Öffentlichen zurückgelegt werden als in Deutschland und deutlich weniger mit dem Auto. Auch hierzulande ist eine regionale Mobilitätsgarantie denkbar, die allen Menschen ein regelmäßiges und verlässliches Nahverkehrsangebot bietet. Zudem bringen durchgehend sichere Überlandwege für Fahrräder und Kleinst-Elektromobile vielen Menschen eine stark verbesserte Mobilität.

7. Homeoffice und digitale Geschäftsabläufe helfen Verkehr zu vermeiden

Die Digitalisierung ist von entscheidender Bedeutung, um den Verkehr zu verringern sowie das Klima und die Gesundheit der Menschen zu schützen. Würden zehn Prozent der Erwerbstätigen hierzulande einen Tag pro Woche im Homeoffice arbeiten, könnten rund 4,5 Milliarden Kilometer Pendelstrecke und etwa 850.000 Tonnen CO2 jährlich eingespart werden. IT-Unternehmen wie SAP oder Microsoft ermöglichen ihren Mitarbeiter/innen mobiles Arbeiten bereits in großem Umfang. Auch können Videokonferenzen viele Geschäftsreisen ersetzen. Und wer mit dem Auto unterwegs sein muss, dem zeigen Apps freie Parkplätze auf. So vermindert die Digitalisierung auch die teure und umweltschädliche Parkplatzsuche, mit der Autofahrer in deutschen Städten jährlich 41 Stunden verbringen. Die Corona-Pandemie hat digitalen Geschäftsabläufen und dem Homeoffice einen großen Schub gegeben. Es wird sich zeigen, ob dies nachhaltig zu weniger Pendelverkehr und Geschäftsreisen führt.

 

8. Smart Phone oder Führerschein? Smart Phone!

Die Anzahl der jungen Menschen ohne Führerschein wächst. Das Auto verliert seine Funktion als Statussymbol. Wichtiger als ein Auto ist heute ein Handy, als Schlüssel zu Mobilität und wohl auch als Statussymbol. Mittlerweile haben acht von zehn Menschen in Deutschland ein Smartphone. Beim Car- und Bikesharing, also bei der Kurzmiete von Autos und Fahrrädern, erfüllen Handys eine buchstäbliche Schlüsselfunktion, denn damit wird das Fahrzeug aufgeschlossen. Ride-Pooling-Dienste wie Clevershuttle (bei denen ein Algorithmus Fahrgemeinschaften zusammenstellt) oder Anbieter wie Uber werden ausschließlich per App bestellt und bezahlt. Auch im öffentlichen Personenverkehr sind Handytickets nicht mehr wegzudenken. Fast jeder Verkehrsverbund bietet inzwischen mobile Fahrplanauskünfte und Bezahlmöglichkeiten an. Die Verkehrsverbünde in Göttingen und Halle setzen seit kurzem auf die App „Fairtiq“, mit der die Abbuchung des Fahrpreises auf Basis der Luftlinie und per GPS-Ortung automatisch erfolgt.

 

9. Wer kombiniert, spart Geld und Nerven

Ob Berlin, Augsburg oder Helsinki: Immer mehr Städte bauen ihr Verkehrssystem so aus, dass für jedes individuelle Mobilitätsbedürfnis die richtigen Verkehrsmittel zur Verfügung stehen. Dabei wird eine attraktive Bus-, Bahn- und Radverkehrsinfrastruktur mit Mietangeboten für Fahrräder, E-Autos, E-Roller oder „Ridesharing“-Dienste – das sind Mitfahrgemeinschaften – kombiniert. Pendler gelangen mit der S-Bahn in die Stadt und leihen sich für die letzte Wegstrecke ein Rad. Für Wochenendeinkäufe steht ein E-Mietwagen bereit, abends nach der Familienfeier ein Shuttledienst. Werden auf einem Weg verschiedene Verkehrsmittel kombiniert, spricht man von „Intermodalität“. „Multimodalität“ bezeichnet die Verwendung unterschiedlicher Verkehrsmittel auf verschiedenen Wegen. Ein multi- und intermodales Mobilitätsangebot sollte leicht bedienbar sein, so wie in Helsinki: Dort führt die App „Whim“ Transportmittel vom Mietfahrrad über das Taxi bis zur Metro zusammen. Für sechzig Euro gibt es ein entsprechendes Monats-Abo. Zum Vergleich: Ein eigenes Auto in Deutschland kostet 400 bis 700 Euro monatlich.

 

10. Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist das Rückgrat nachhaltiger Mobilität

Ein guter Umweltverbund zeichnet sich dadurch aus, dass es saubere Haltestellen und Bahnhöfe, gut ausgebaute Radwege und barrierefreie Fußwege gibt. Die unterschiedlichen Verkehrsmittel müssen leicht zu erreichen und miteinander kombinierbar sein. Bei einer Umfrage im Jahr 2018 gaben 41 Prozent der Befragten in Deutschland an, bei besseren ÖPNV-Verbindungen innerstädtisch auf den Pkw verzichten zu wollen. Eine kürzere Taktung war für 31 Prozent eine Voraussetzung dafür. Die meisten, nämlich 54 Prozent der Befragten, gaben an, bei kostenlosen Fahrscheinen auf ihr Auto zu verzichten. Beispiele aus dem Ausland zeigen jedoch, dass ein kostenloser Nahverkehr allein den Autoverkehr nicht reduziert. Die Corona-Pandemie hat den ÖPNV stark getroffen. Er ist und bleibt aber alternativlos, um klimaschonende Mobilität zu ermöglichen. Die öffentlichen Verkehrsunternehmen brauchen finanzielle Unterstützung, um gestiegenen Hygiene- und Abstandsgeboten gerecht werden zu können.