Gastarbeiter, Gast, Gast, Gast

Fatma Sagir setzt sich künstlerisch und literarisch mit Vergessen und Erinnerung an und der Anerkennung von türkische(n) Gastarbeiter:innen in Deutschland auseinander. Sie wählte für diesen poetischen Spaziergang Orte im öffentlichen Raum aus. Sinnbildlich stehen sie sowohl für Orte, an denen diese Gastarbeiter:innen gewirkt haben, als auch für Orte, an denen sie unsichtbar bleiben. Dazu gehören Krankenhäuser, Friedhöfe und Straßen, Baustellen, Gebäude und Siedlungen sowie Alleen, Parks und Bibliotheken, die Universität, Schulen und Theater. Sie symbolisieren die Abwesenheit der Gastarbeiter:innen und die fehlende Erinnerung an diese Menschen und ihre Leistungen. Diese Lücke in der gesellschaftlichen und politischen Debatte tritt deutlich hervor ‒ ein schmerzlicher Punkt für die Menschen der dritten und vierten Generation.

Hauswand in der Sonne

Es sind Orte in Freiburg im Breisgau, doch sie stehen für jeden anderen Ort in Deutschland. Die spezifische Historie einzelner Straßen und Orte spielt für Fatma Sagirs Betrachtung nur eine untergeordnete Rolle. Sie sind Instrument, um Abwesenheit, Erinnerung und Vergessen zu signalisieren. Jede Person erlebt diese Straßen und Plätze sehr individuell. Manche gehen achtlos an ihnen vorbei. Für andere tragen sie Bedeutung. Diese Spannung erzeugt genau jenen Raum, in den dieser poetische Spaziergang hineingedacht ist. 

Diesen Orten begegnen wir in Videos, unterlegt mit verschiedenen Texten aus Fatma Sagirs Schreibprojekt „Orte – Dinge – Menschen“. In mehrere Abschnitte aufgeteilt bilden sie verbunden einen digitalen poetischen Spaziergang, der von überall aus über die App Actionbound erfahren werden kann. Einen Eindruck vermittelt dieser Videoteaser

Der erste Abschnitt „Gastarbeiter, Gast, Gast, Gast“ ist titelgebend für den gesamten Spaziergang. Der Begriff Gastarbeiter wird hier als feststehender Terminus verwendet. Er vereinnahmt Männer und Frauen, vergisst Frauen bisweilen gar ganz, aber ist auch ein Arbeitsbegriff in der erinnerungskulturellen Praxis, mit dem es sich auseinanderzusetzen gilt. 


Fatma Sagir ist Autorin und Postdoc am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie der Universität Freiburg. Ihre Texte aus dem Spaziergang erscheinen im Herbst 2021 im Sammelband "Alphabet der Sehnsucht. Texte zum Vergessen" bei edition SchreibStimme.  

Eine Frau mit schulterlangen braunen Haaren schaut lächelnd in die Kamera


Wir bedanken uns bei Fatma Sagir für die Kooperation und bei Julia Ott für die konzeptionelle Begleitung und technische Umsetzung.

Der Spaziergang kann in der App Actionbound angesehen werden oder hier auf unserer Website


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