Grüner Wasserstoff - Nachhaltig investieren und fair handeln

Einführung

Innerhalb der Energiewende wird der Import von grünem Wasserstoff und seinen Derivaten eine wichtige Rolle spielen. Doch welche Chancen und Risiken gehen damit für Exportländer im globalen Süden einher? Welche Rahmenbedingungen braucht es, damit Investitionen und Handel von Anfang an unter Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien erfolgen? Diesen Fragen gehen die Heinrich-Böll-Stiftung und Brot für die Welt in einem gemeinsamen Projekt nach: Grüner Wasserstoff.

Lesedauer: 5 Minuten

Grüne Energie wird noch nicht in großem Umfang gehandelt, aber es ist absehbar, dass sich der Handel mit grüner Energie weltweit zu einem Multimilliarden-Dollar-Geschäft entwickeln wird. Je mehr die 1,5°C-Grenze in Sichtweite rückt, desto größer ist die Notwendigkeit, Sektoren, in denen die Emissionen schwer zu senken sind (die so genannten „hard-to-abate“ Sektoren), wie Stahl, Chemie, Luft- und Seeverkehr, zu dekarbonisieren. Damit steigt die potenzielle Nachfrage nach handelbaren Formen grüner Energie.

Darüber hinaus machen andere Trends umfangreiche internationale Investitionen in grüne Energie sehr wahrscheinlich:

  • Verschiedene Industrieländer haben sich verpflichtet, bis 2050 (EU, Japan, Südkorea, USA) oder 2060 (China) Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Obwohl die meisten Länder über genügend erneuerbare Energieressourcen verfügen, um ihren Bedarf um ein Vielfaches zu decken, könnte dies für einige dicht besiedelte, hoch industrialisierte Länder schwierig werden.
  • Erneuerbare Energien sind in vielen Regionen zur billigsten Energiequelle geworden. Der Energiebedarf und die natürlichen Bedingungen für die Erzeugung von Energie aus Wind und Sonne sind jedoch ungleichmäßig über den Globus verteilt. Unter bestimmten Bedingungen könnte es attraktiv sein, grüne Energie an einem dünn besiedelten Ort mit guten Wind- und Sonnenverhältnissen zu erzeugen und sie an einen anderen Ort mit hoher Industrie- und Bevölkerungsdichte zu transportieren.
  • Die Technologien für die Erzeugung, den Transport und die Nutzung grüner Energie entwickeln sich rasch weiter, was die Kosten senkt. Dennoch werden die dafür erforderlichen Investitionen erheblich sein (viele Milliarden oder Billionen).

Klimaschutz durch grünen Wasserstoff?

Für den Weg in eine klimaneutrale Zukunft kommt nur grüner Wasserstoff in Frage, da sich fossilbasierte Wasserstoffe selber disqualifizieren. Nicht-grüne Wasserstoffarten halten die Nachfrage nach fossilen Rohstoffen aufrecht. Damit stützen sie die Industrie, die den größten Beitrag zum Klimawandel leistet. Schwarzer, brauner oder grauer Wasserstoff beispielsweise, basiert auf Steinkohle, Braunkohle oder Erdgas, und bei der Herstellung entsteht in der Regel Kohlendioxid. Die Treibhausgasemissionen von Wasserstoff auf fossiler Basis sind beträchtlich. Blauer Wasserstoff entspricht dem grauen, aber mit dem Zusatz, dass die CO2-Emissionen durch den Einsatz der CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) im Boden gespeichert werden. Dabei sind die langfristigen Folgen der CO2-Speicherung nicht bekannt, durch Lecks können Emissionen entweichen, und die Verwendung von Erdgas sollte generell vermieden werden. Daher liegt der Schwerpunkt dieses Projekts auf erneuerbarem, grünem Wasserstoff als der einzigen klimafreundlichen Technologie.

Grünen Wasserstoff: Investitionen und Handel nachhaltig gestalten

Ohne geeignete politische Rahmenbedingungen könnte die Ausweitung der internationalen Investitionen und des Handels mit grünem Wasserstoff und seinen Derivaten auf eine nicht nachhaltige und ausbeuterische Weise erfolgen. Chancen zur Entwicklung heimischer Industrien und damit verbundener Arbeitsplätze könnten verpasst werden. Der internationale Verdrängungswettbewerb um die kostengünstigste Produktion könnte zu schädlichen Praktiken führen. Dies könnte nicht nur wertvolle Naturräume und lokale Gemeinschaften schädigen, sondern die damit verbundenen Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken (ESG) könnten letztlich auch die langfristige gesunde Entwicklung des Sektors untergraben. Daher sollte es im Eigeninteresse von Investor*innen, Produktionsländern und betroffenen Gemeinschaften gleichermaßen liegen, einheitliche, faire und nachhaltige Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, an deren Regeln sich idealerweise alle Akteur*innen halten. Zumindest einige große Importeure von grüner Energie wie die EU oder bestimmte Großunternehmen könnten solche Nachhaltigkeitsanforderungen übernehmen oder in Partnerschaftsvereinbarungen mit Lieferant*innen aufnehmen.

Einbringen zur Gestaltung von Politik

In der Anfangsphase einer Industrie besteht die Möglichkeit, Standards zu setzen und die Politik zu gestalten, was umso wichtiger ist, wenn Entwicklungsgelder in den Ausbau grüner Energiekapazitäten für den Export fließen. Die damit einhergehenden Debatten sollten nicht nur von großen Industrieakteur*innen geführt werden, die ihre Geschäftsinteressen verfolgen, sondern auch die starke Zivilgesellschaft einbeziehen, die die Stimmen derjenigen vertritt, die andernfalls von der Entwicklung grünen Wasserstoffs ausgeschlossen oder negativ betroffen sein könnten.

Die Projektidee

Die Heinrich-Böll-Stiftung und Brot für die Welt halten die Beteiligung der Zivilgesellschaft an den Prozessen und Entscheidungen rund um grünen Wasserstoff für entscheidend. Da die Diskussion um Wasserstoff unter Nichtregierungsorganisationen im Globalen Süden noch in den Kinderschuhen steckt, soll das Projekt auch dazu führen, dieses Engagement anzustoßen.

In einem Prozess von dezentralisierten Multi-Stakeholder-Dialogen, Kommunikation und Forschung werden die Standards, rechtlichen Instrumente und politischen Prozesse erforscht, die zu nachhaltigen Investitionen und fairem Handel mit grünem Wasserstoff führen. Das Projekt umfasst dabei die folgenden Komponenten:

 

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Die Hintergrundpapiere werden einen Überblick über die Versprechen und Risiken grünen Wasserstoffs geben und Optionen für politische Instrumente zur Gewährleistung nachhaltiger internationaler Investitionen und eines fairen Handels mit grünem Wasserstoff aufzeigen. Sie dienen als Grundlage für die nationalen Konsultationsprozesse, die von den hbs-Büros in Südafrika, Tunesien, Marokko, Brasilien, Chile, Argentinien und Kolumbien vor Ort mit Akteur*innen aus den Bereichen Produktion, Investitionen, Handel und Verbrauch von grüner Energie durchgeführt werden. Die Ergebnisse dieser Konsultationen werden in länderspezifischen Ergebnis-Dokumenten festgehalten, auf deren Grundlage eine globale Synthese erstellt wird.

Diese soll möglichst weit verbreitet werden, in der Hoffnung, dass die entwickelten Standards und politischen Instrumente für die nachhaltige und faire Produktion und den Handel mit grünem Wasserstoff in die politische Entscheidungsfindung einfließen werden.

Die Webseite wird laufend aktualisiert. Einige der Publikationen werden hier in Kürze verfügbar sein.

 


Mehr zum Thema Wasserstoff:

 

Kontakt:

Jörg Haas

Heinrich-Böll-Stiftung

Referent Internationale Politik

E haas@boell.de



Sarah Ribbert

Heinrich-Böll-Stiftung

Projektbearbeitung Internationale Politik

E ribbert@boell.de

 


Dieser Artikel erschien zuerst hier: www.boell.de