Stellungnahme nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien

Stellungnahme

Wir sprechen allen Menschen unser tiefstes Mitgefühl aus, die von den verheerenden Erdbeben am 6. Februar betroffen sind, bei denen mittlerweile mehr als 16.000 Menschen in der Türkei und mehr als 3000 in Syrien ums Leben gekommen sind. Viele weitere wurden verletzt und ihre Häuser sind zerstört. Wir sind in Gedanken bei unseren Partnern in der Region, die den Verlust von Angehörigen zu beklagen haben, und sprechen ihnen unser aufrichtiges Beileid aus.

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Die Überlebenden der Erdbeben befinden sich noch immer außerhalb ihrer Häuser und es gibt weiterhin Nachbeben, die rissige Gebäude zum Einsturz bringen könnten. Besonders der Nordwesten Syriens hat unter den Folgen des zehnjährigen Krieges schwer gelitten, viele Gebäude sind beschädigt. Drei Millionen Menschen leben dort als Binnenvertriebene, viele in Zelten und anderen Behelfsunterkünften. Nach den Ereignissen vom Montag sind weitere Zehntausende von Menschen vertrieben und inmitten der rauen Winterwitterung ohne wetterfeste und warme Bleibe. Dort, wo die Menschen noch unter den Trümmern begraben sind und auf die dringend benötigte Rettung warten, zählt jede Sekunde. Der syrische Zivilschutz, der auch als Weißhelme bekannt ist, arbeitet seit mehr als 48 Stunden unermüdlich unter dem heftigen Regen und den Stürmen, aber es wird materielle Hilfe, einschließlich Treibstoff, und personelle Unterstützung benötigt, um auf die große Not zu reagieren. In einigen Regionen arbeiten die Retter*innen mit bloßen Händen, um Leben zu retten. Während viele Familien um ihre verlorenen Angehörigen trauern oder in der Kälte auf Rettung hoffen, gehen die Bombardierungen durch die Regimekräfte und die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) in Nord-Aleppo weiter.

Wir schließen uns den Aufrufen syrischer Organisationen und Aktivist*innen an und fordern die internationale Gemeinschaft auf, schnelle Nothilfemaßnahmen zu ergreifen, materielle Hilfe und Unterstützung bereitzustellen und den humanitären Akteuren vor Ort Flexibilität bei der Verwendung bereits vorhandener aber zweckgebundener Gelder zu gewähren. Die Unterstützung durch Bauingenieur*innen ist erforderlich, um die Stabilität verbleibender Gebäude einzuschätzen und eine sichere Rückkehr der Bewohner*innen zu ermöglichen. Wir fordern die internationale Gemeinschaft dringend auf, Druck auf das Assad-Regime und seine Verbündeten auszuüben, damit sie die Bombardierungen in den von den Erdbeben betroffenen Gebieten einstellen.

Darüber hinaus fordern wir, dass die internationale Gemeinschaft nicht zulässt, dass das Assad-Regime die Katastrophenhilfe manipuliert, um die Bevölkerung in den Gebieten außerhalb seiner Kontrolle im Nordwesten zu bestrafen, indem es darauf besteht, dass die Hilfe über Damaskus laufen muss (sogenannte "Cross-Line"-Hilfe). Assad hat bereits mehrfach verhindert, dass Hilfsgüter in Gebiete gelangen, die nicht unter seiner Kontrolle stehen. Der einzige Grenzübergang im Nordwesten Syriens, der für humanitäre Hilfe der Vereinten Nationen genutzt wird, Bab al-Hawa, ist seit dem Erdbeben wegen der Zerstörung der umliegenden Infrastruktur geschlossen. Da es für die Forderung aus Damaskus, Nothilfe nur über die Hauptstadt in den Nordwesten zu verteilen, keine Rechtsgrundlage im humanitären Völkerrecht gibt, würde ein solcher Schritt die schnellstmöglich benötigte Hilfe nur verlangsamen und behindern. Hilfs- und Rettungsteams haben viele der betroffenen Gebiete sowohl in der Türkei als auch in Syrien noch nicht erreicht. Zum jetzigen Zeitpunkt sollten die Regierungen unilateralen Maßnahmen Vorrang vor der Inanspruchnahme des grenzüberschreitenden UN-Mechanismus geben.

Es ist von größter Wichtigkeit, zusätzliche Grenzübergänge zu öffnen und Soforthilfe zu leisten, wo immer dies möglich ist. Wir rufen die internationale Gemeinschaft auch auf, sich um internationale Such- und Rettungsmissionen zu bemühen, die in die betroffenen Gebiete reisen und den Vermissten, Verletzten und Überlebenden helfen. Nicht zuletzt sollten europäische Regierungen, die bereits offene Resettlement-Verfahren für Syrer*innen in den betroffenen Gebieten haben, deren Aufnahme unverzüglich priorisieren und das Kontingent erweitern.

07. Februar 2023 (aktualisierte Fassung: 08. Februar 2023)


Dieser Artikel erschien zuerst hier: www.boell.de