Bidens Gipfel bringt Ambitionsschub aber keine US-Vorreiterrolle im internationalen Klimaprozess

Analyse

Mit dem zweitägigen Washingtoner Klimagipfel unter Beteiligung von 40 Staaten haben sich die USA unter Präsident Joe Biden auf dem klimadiplomatischen Parkett zurückgemeldet. Ob die ambitionierteren Klimaversprechen zahlreicher Länder via Video-Inszenierung allerdings verbindlich umgesetzt werden können, bleibt offen – nicht nur, aber gerade auch in den Vereinigten Staaten. Und ein dringend benötigtes Signal, dass die USA bereit sind, in der internationalen Klimafinanzierung im Vorfeld der COP 26 eine Führungsrolle zu übernehmen, blieb aus.

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US-Präsident Joe Biden auf dem Leaders Summit on Climate

Zwar wurde die Rückkehr der Amerikaner in das Pariser Klimaabkommen von den Gipfelteilnehmer*innen gelobt – ohne eine Beteiligung der USA, die 15 Prozent der globalen CO2 Emissionen ausmachen und gemessen am historischen Gesamtschadstoffausstoß der größte Emittent sind, ist die Erreichung der Pariser Klimaziele schlechtweg nicht möglich. Allerdings braucht es mehr als die neue amerikanische Ankündigung, bis 2030 den Ausstoß von Treibhausgasen um 50 bis 52 Prozent gegenüber 2005 als wichtigstem Etappenziel auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2050 senken zu wollen (einer 30-prozentigen Beschleunigung der jährlichen Reduktionszusagen der Obama-Regierung in der ersten Selbstverpflichtung von 2015), um die Skepsis gerade auch von Entwicklungsländern zu überwinden, dass die USA dieses Mal ihr Wort halten werden. Die Nicht-Ratifizierung des Kioto-Protokolls unter Präsident Clinton anfangs der 90er Jahre und Trumps Ankündigung des Ausstieg aus dem Pariser Klimavertrag 2017, beides internationale Klimaabkommen, die auf Druck von und unter teilweise weitgehenden Zugeständnissen anderer Länder an die USA zustande gekommen waren, werfen einen langen Schatten über einen Klimaführungsanspruch der neuen US-Regierung. Zumal in vier Jahren, bei einer einmaligen Amtsperiode der Biden-Harris-Regierung, wieder eine amerikanische Klimakehrtwende kommen könnte.

Wortgewaltig, aber unkonkret

Doch auch wenn das Weiße Haus nach 2025 in demokratischer Hand bliebe, ist unklar, ob das neue US-Klimaziel erreicht werden kann. Der gerade im Klima-Regime eingereichte aktualisierte nationale Klimaschutzbeitrag der USA (nationally determined contribution, NDC) ist zwar wortgewaltig, aber wenig konkret und macht keine sektor-spezifischen Zusagen ausser der Ankündigung, den Eletrizitätsbereich bis 2035 völlig dekarbonisieren zu wollen. Das NDC verweist stattdessen auf die geplante gesamtwirtschaftliche Umsetzung durch einen Gesamtregierungsansatz unter Biden, der die Integration von Klimaschutz zur Pflicht aller Fachministerien und Regierungsagenturen erklärt hat, und dafür beispielsweise in einem ersten Haushaltsvorschlag für das kommende Budgetjahr 2022 an den Kongress zusätzliche Mittel von 14 Milliarden US-Dollar zu bereits geplanten Ausgaben fordert. Die Biden-Regierung beteuert, internationale Zweifel an der amerikanschen NDC-Umsetzungsfähigkeit vorausahnend, dass es multiple Strategien zur Erreichung des US-Ziels gibt. Allen gemein ist der Fokus auf die Schaffung gut bezahlter einheimischer Arbeitsplätze und von mehr Umweltgerechtigkeit wie weniger Luftverschmutzung in oft marginalisierten amerikanischen Gemeinden von farbigen Minderheiten.

Wie realistisch ist das US-Redaktionsziel?

Expert*innen sind sich uneinig, wie realistisch die Einlösung des US-Klimaversprechens ist. Einerseits sind die von der Biden-Regierung gesetzten Ziele, anders als die Reduktionszusagen der Europäischen Union, die erst kurz vor dem Washingtoner Gipfel ihr Klimagesetz verabschiedet hat, oder die Klimagesetzgebung von Großbritannien, nicht rechtlich verbindlich. Ein entsprechendes US-Gesetz ist angesichts der hauchdünnen Kongressmehrheit der Demokraten und der beinahe Blanko-Verweigerungshaltung der Republikaner in Sachen Klimaschutz auch in Zukunft nicht zu erwarten. Das bedeutet, dass Exekutivverordnungen als Implementierungswerkzeug, wie die von Präsident Biden bereits angekündigte Setzung neuer Treibstoffrichtlinien für Fahrzeuge, die Reduzierung der Förderung fossiler Brennstoffe auf staatlichen Land- oder Meeresflächen oder Verordnungen der Börsenaufsicht zur Finanzregulierung von Klimarisiken in Unternehmen, von einer Nachfolgeregierung ohne Probleme rückgängig gemacht werden könnten. Zugleich sind starke Zweifel angebracht, ob der Kongress Bidens ambitionierten 2 Billionen US-Dollar schweren Infrastrukturplan, den American Jobs Plan, der das finanzielle und politische Fundament der Umsetzungsstrategie des neuen US-Klimaziels ist, in dieser Form bewilligt; ein wahrscheinlicheres Szenario ist, dass der Plan im Ringen um eine Unterstützung der Republikaner an Finanz- und Klimagewicht verlieren wird. 

Andererseits könnten Klimaaktionen auf der Ebene von Bundesstaaten- und Gemeinden amerikanische Schadstoffausstöße auch ohne ein Engagement auf föderaler Ebene um 37 Prozent bis 2030 gegenüber 2005 senken könnten, zumal zahlreiche Trends, wie ein erwarteter rasanter Anstieg verkaufter Elektrofahrzeuge auf die Hälfte aller Neuzulassungen oder die Verdreifachung der Rate, mit der neue Wind- und Solarfarmen gebaut werden, bis zum Ende des Jahrzehnts fast unumkehrbar sind. Bidens internationaler Klimasonderbeauftragter John Kerry sieht diesen bereits begonnenen Wandel der US-Wirtschaft als besten Garant für den amerikanischen NDC-Umsetzungserfolg.

Reichen die kollektiven Zusagen für die Klima-Trendwende?

Aber reicht das neue amerikanische Etappenziel für 2030 auf dem Pfad zur Klimaneutralität der US-Wirtschaft bis 2050, und die Ankündigung weiterer Industriestaaten auf dem Gipfel, Emissionsreduzierung bis 2030 weiter erhöhen zu wollen, um das von der Biden-Regierung erhoffte Momentum und den kollektiven Ambitionsschub nationaler Selbstverpflichtungen bis zur COP 26 in Glasgow in November auszulösen? Und sind die neuen Selbstverpflichtungen genug, um die notwendige globale Kehrtwende in den Emissionen bis 2030 voranzutreiben? Ein Antwortversuch gibt wenig Grund zum Optimismus.

Zwar kündigte Japan eine verschärfte Ausstoßverringerung von Treibhausgasen um 46 Prozent bis 2030 gegenüber 2013 an und auch Kanada versprach, Emissionen um 40 bis 45 Prozent gegenüber 2005 bis 2030 zu senken. Bereits im Vorjahr hatte die EU ihre Selbstverpflichtung für die Reduzierung der Schadstoffausstoßung im 27-Länderblock bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 aktualisiert. Im Vorfeld des Gipfels wartete zudem COP 26 Gastgeber Großbritannien mit der weiteren Zusage auf, britische Emissionen bis 2035 um 78 Prozent gegenüber 2035 reduzieren zu wollen.

Vergleich der Emissionsreduzierungsversprechen (NDCs) führender Industrienationen / Quelle: Rhodium Group

Die Johnson-Regierung setzte damit ein weiteres steiles Etappenziel für die Selbstverpflichtung des Landes, die erst im Dezember 2020 formell mit einem Versprechen von 68 Prozent Emissionsreduzierung bis 2030 gegenüber 1990 in den Klimaprozess eingereicht worden war.

Zusammenaddiert bedeuten diese neuen Zusagen allerdings nur eine 12 bis 14-prozentige Schrumpfung der globalen Emissionslücke, die bis 2030 geschlossen werden muß (also der Menge an nötiger globaler Schadstoffaussstoßverringerung), um die Erderwärmung noch bei 1.5 Grad Celsius zu halten. Oder anders ausgedrückt: Kollektiv sind wir als Staatengemeinschaft auch mit diesen neuen Zusagen (deren Erfüllung nicht garantiert ist) noch meilenweit davon entfernt, die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, für die globale Emissionen bis 2030 um 45 Prozent gesenkt werden müssten. Wichtige Großverschmutzer-Staaten wie Russland und Saudi-Arabien, aber auch Australien, saßen trotz diplomatischen Drucks der Biden-Regierung den Washingtoner Gipfel ohne neue Zusagen aus.

Amerikas fehlender moralischer Führungsanspruch

Für eine vermeintliche Führungsrolle der USA in diesen globalen Bemühungen heißt dies aber auch: obwohl im Vergleich zum ersten amerikanischen NDC deutlich ambitionierter, bringen die neuen amerikanischen Reduktionsziele im internationalen Vergleich keinen wirklichen Durchbruch und signalisieren auch keine faire Beteiligung der USA für die Bewältigung der Klimakrise. Zivilgesellschaftliche Gruppen hätten dafür gerne ein Reduzierungsversprechen um 70 Prozent bis 2030 gegenüber 2005 auf heimischen Boden kombiniert mit einer zusätzlichen massiven finanziellen Unterstützung für Klimaschutz in Entwicklungsländern im Gegenwert von weiteren 125 Prozent Reduzierung gesehen. Dies wäre dann im Einklang mit der ‘gemeinsamen, aber differenzierten Verpflichtung und entsprechender Kapazität’ der USA als historisch größter und wirtschaftlich stärkster globaler Verschmutzer, wie es in der VN Klimarahmenkonvention als ein Kernprinzip internationaler Solidarität und entsprechender Verpflichtungen der Industriestaaten zur Unterstützung von Klimaaktionen der Entwicklungsländer steht. 

Die USA können (zumindest bislang) auch unter Biden keinen moralischen Führungsanspruch im internationalen Klimaprozess gegenüber wichtigen Schwellen- und Entwicklungsländern geltend machen, wie der Washingtoner Gipfel zeigte. China, Indien, Mexiko oder Indonesien machten keine verstärkten Reduzierungszusagen. Chinas bestehende Klimaschutzzusage, bis 2060 klimaneutral zu werden, fehlt weiterhin ein Etappenziel, zumal das Land als derzeit größter globaler Emittent von Treibhausgasen den Höhepunkt seiner noch über Jahre anwachsenden Emissionen erst 2030 erreichen wird. Einziges neues Zugeständnis des chinesischen Staatschefs Xi Jinping, der daraus hinwies, dass Chinas Weg vom Kohlenstoffhöchstausstoß zur Klimaneutralität viel kürzer als der von Industrienationen sei, war die Erklärung, bereits ab 2025 Chinas Kohleverbrauch senken zu wollen, ohne allerdings ein Enddatum für den völligen Ausstieg aus der Kohle oder die Finanzierung von Kohlekraftwerken international zu setzen. Auch Indien blieb ein neues Klimaschutzziel oder sogar eine Ankündigung, wann das Land seinen Emissionshöchststand erwartet, schuldig und wiederholte stattdessen die Absicht, bis 2030 Kapazitäten für 450 Gigawatt in erneuerbaren Energien zu schaffen. Zwar ist Indien nach China, den USA und dem EU-Block global das Land mit den viertgrößten Emissionen, aber der Pro-Kopf-Beitrag eines indischen Bürgers ist weniger als ein Siebtel eines Amerikaners oder nur ein Drittel einer EU-Bürgerin, ein Fakt den Indiens Regierungschef Modi während des Gipfel hervorhob als er forderte, Bürger*innen global müßten zum Wohl des Klimas ihren Konsum auf das Wesentliche reduzieren. Der brasilianische Regierungschef Bolsonaro versprach zwar per Videoschalte, die illegale Abholzung des Amazonas bis 2030 beenden zu wollen und Brasiliens Emissionen bis 2030 um 50 Prozent senken zu wollen. Allerdings ist diese Reduktionsabsicht nicht neu und die Glaubwürdigkeit seiner Zusage des verbesserten Amazonasschutzes gering angesichts von Rekordwaldbränden und einem 12-prozentigen Zuwachs an Rodungen im vergangenen Jahr und der Kürzung der brasilianischen Haushaltsgelder für den Umwelt- und Waldschutz am Tag nach dem Gipfel.

Entwicklungsländern fordern mehr Klimafinanzierung

Zugleich machten zahlreiche Regierungsvertreter von ärmeren Entwicklungsländer und den vom Klimawandel bereits am stärkten betroffenen Kleinen Inselstaaten deutlich, wie sehr die Verbesserung ihrer Klimaschutzzusagen und deren Erfüllung von einer parallel notwendigen massiven Erhöhung internationaler Klimafinanzierungszusagen der Industrienationen abhängt, vor allem für die Anpassung, die immer noch weniger als ein Viertel der Förderungssumme für Emissionsreduzierung bekommt . Für einen solchen deutlichen Finanzsprung nach oben ist der großzügige Wiedereinstieg der Vereinigten Staaten, die unter Trump auch ihre internationalen Klimafinanzierungsverpflichtungen unerfüllt ließen, unverzichtbar. Die meisten Entwicklungsländer haben ihre Klimazusagen in ihren NDCs zweigleisig ausgelegt, indem sie zum einen die Ziele benennen, die sie mit eigenen Finanzresourcen bewältigen können aber auch ambitionierte Zielen angeben, die nur durch die Finanzunterstützung von Industrieländern machbar sind. Schon jetzt ist klar, dass ohne solche neuen Finanzierungsversprechungen der Industrieländer im Vorfeld und bei der COP 26 der Erfolg des gesamten Prozesses für eine Erhöhung der Klimaschutzambitionen auf der Kippe steht. Zumal zwei für COP 26 fällige Finanzberichte der VN Klimarahmenkonvention zeigen werden, wie weit die Industrieländer nach wie vor in Quantität und Qualität der Finanzunterstützung von der Erfüllung des alten Finanzierungsziels von 2009, bis 2020 pro Jahr 100 Milliarden US-Dollar für Klimaaktionen bereitzustellen, entfernt sind, und wie riesig die Kluft zwischen diesem völlig ungenügenden Versprechen und den Finanzierungsbedürfnissen der Entwicklungsländer klafft.

Bidens Klimafinanzierungsplan: wortgewaltig aber finanzschwach

Wer sich von der Biden-Regierung ein solch deutliches Klimafinanzierungssignal beim Washingtoner Gipfel erhofft hatte wurde enttäuscht. Zwar legten die USA fristgerecht zur globalen Konferenzschaltung einen detaillierten Internationalen Klimafinanzierungsplan vor. Er sieht unter anderen die Mobilisierung von Privatsektorbeiträgen und eine verbesserte Ergebnissmessung öffentlicher Klimafinanzierung vor, sowie Anstrengungen, internationale Finanzierungsflüsse mehr klima-kompatibel zu machen, beindruckte aber ansonsten vor allem durch das fast vollständige Fehlen möglicher Finanzunterstützungssummen. Lediglich eine Textpassage, wonach die USA jetzt bis 2024 die öffentliche Klimafinanzierungsumme, die in der zweiten Obama-Amtshälfte zwischen 2013 und 2016 für internationale Unterstützung bereitgestellt wurde, verdoppeln und damalige Ausgaben für die Anpassung verdreifachen wollen, lassen sich in Dollar und Cent umrechnen. Bis 2024 wollen die USA unter Biden rund 5.7 Millarden US-Dollar jährlich bereitstellen, davon 1.5 Milliarden US-Dollar, also nur etwa ein Viertel, für die Anpassung. Im Vergleich: Deutschland stellt seit 2019 pro Jahr rund 4 Milliarden Euro (rund 4.8 Milliarden US-Dollar) zur Verfügung – Tendenz: stagnierend. Großbritannien will seine internationale Klimafinanzierung über die nächsten vier Jahre auf 11.6 Milliarden Britische Pfund verdoppeln (rund 4 Milliarden USD pro Jahr), hat aber zeitgleich die deutliche Kürzung seiner Entwicklungsfinanzierung angekündigt. 

Fairer US-Klimafinanzierungsanteil

Nach Schätzungen von Expert*innen müssten die USA und andere reiche Industrienationen in der laufenden Dekade aber jährlich ein Vielfaches dieser Zusagen in öffentlicher Zuschussfinanzierung bereitstellen, um global noch eine Chance auf die Begrenzung der Erderwärmung auf 1.5 Grad Celsius zu haben. Dieses absolute Finanzminimum für die Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens ist weit weniger als die Summen, die im Diskurs um einen gerechten Finanzbeitrag der Industrieländer zur Bewältigung der Klimakrise genannt werden und die zum Beispiel auch Kompensationszahlungen für durch Klimaextreme unvermeidbar gewordene Verluste und Schäden für Entwicklungsländer beinhalten würden. US-NGOs haben diesen fairen Klimafinanzierungsbeitrag für die USA errechnet. Danach müßten die Vereinigten Staaten in der laufenden Dekade mindestens 800 Milliarden US-Dollar bereitstellen, die dann paritätisch für Klimainvestitionen in Entwicklungsländern in den Bereichen Emissionsminderung, Anpassung und Zahlungen für Verluste und Schäden aufgeteilt werden sollten. Bezahlt werden könnte dies nach Ansicht der US-Klimaaktivist*innen durch die Umschichtung gegenwärtiger US-Regierungsunterstützung für fossile Brennstoff-Infrastrukturprojekte im Ausland und von rund 200 Milliarden US-Dollar an jährlichen Militärausgaben.

Tatsächlich sieht Bidens neuer internationaler Klimafinanzierungsplan vor, die Förderung neuer fossiler Brennstoff -Projekte sowohl bilateral über amerikanische Entwicklungsfinanzierungsagenturen wie die Development Finance Corporation (DFC), die Millennium Challenge Corporation (MCC) oder die Exim Exportkreditbank, als auch international durch eine Mischung aus politischem Druck und konsistenten Abstimmungsverhalten in den Verwaltungsräten multilateralen Entwicklungsbanken weitestgehend zu beenden; dazu soll das US-Finanzministerium Richtlinien arbeiten. Die USA wollen auch in der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Kriterien für die Dekarbonizierung öffentlicher Exportkreditförderung durchsetzen. Wie hilfreich solch US-politischer Druck sein kann, zeigte sich auch im Rahmen des Washingtoner Gipfels, in dem Südkorea positiv mit dem Versprechen überraschte, jedwede öffentliche Finanzierung für den Bau von Kohlekraftwerken im Ausland beenden zu wollen. Unzweifelhaft steigt damit die Erwartungshaltung an Japan, vielleicht bereits beim G7-Gipfel im Juni mit einer ähnlichen Zusage gleichzuziehen.

Fehlende US-Schuldenbegleichung beim Grünen Klimafonds

Als einen wichtigen Teil der amerikanischen internationalen Klimafinanzierungsstrategie für die nächsten Jahre nennt das Weiße Haus auch den Grünen Klimafonds (GCF), speziell dessen Rolle in der Anpassungsfinanzierung und beim Einsatz innovativer Finanzierungsansätze für die Mobilisierung von Privatsektorkapital für Klimainvestitionen. Der GCF wird von vielen Entwicklungsländern als wichtigster multilateraler Umsetzungsmechanismus für das Pariser Abkommen gesehen. Die GCF-Finanzausstattung symbolisiert für viele Klimaverhandler*innen aus dem Globalen Süden daher auch, wie ernst es den Industrienationen mit der Erfüllung ihrer Finanzunterstützungspflicht für Klimaschutzbemühungen der Entwicklungsländer ist. Die Obama-Regierung hatte die Erstkapitalisierung des GCF 2014 mit einer Finanzzusage von 3 Milliarden US-Dollar unterstützt, dann aber nur eine Milliarde US-Dollar überwiesen. Unter Trump flossen keine zusätzlichen US-Gelder in den GCF und nur minimale Beiträge in andere multilaterale Klimafonds. Auch deshalb war mit dem Amtsantritt Bidens die Erwartung hoch, die USA würden nicht nur ihre GCF-Schulden begleichen, sondern vor allem mit europäischen Ländern gleichziehen und ihren ursprünglichen GCF-Beitrag für die laufende Wiederauffüllungsrunde (an der sich die USA 2019 nicht beteiligt hatte) verdoppeln. Doch statt der von US-Gruppen geforderten 8 Milliarden US-Dollar für den GCF hat der Haushaltsentwurf des Weißen Hauses für das kommende Haushaltsjahr nur 1.2 Millarden US-Dollar eingestellt, wenngleich US-Klimasonderbeauftragter Kerry in Gesprächen von einer Anzahlung gesprochen hatte. Schnelle weitere US-Zusagen für den GCF sind kritisch, auch weil bereits Ende nächsten Jahres mit den Verhandlungen für dessen zweite Wiederauffüllungsperiode begonnen wird. Weitere 485 Millionen US-Dollar für andere multilaterale Klimafonds und 691 Million US-Dollar für das Aussenministerium und die US-Entwicklungbehörde USAID für bilaterale Klimafinanzierungvorhaben sind im Haushaltsentwurf angefragt. Das is zwar genug, um in der internationalen Klimafinanzierung nach vier Jahren als Paria-Staat wieder ohne Scham mitreden zu können, aber völlig unzureichend als Berechtigung eines amerikanischen Führungsanspruchs im internationalen Klimaprozess.

Hoffnungen für G7-Gipfel

Nach dem Washingtoner Gipfel richten sich jetzt alle Augen – und weitere Hoffnungen – auf den G7-Gipfel im Juni unter Gastgeber Großbritannien, welcher auch die COP-Präsidentschaft hat. Damit COP 26 in Glasgow im November ein Erfolg wird, und globales Momentum im internationale Klimaprozess an Fahrt gewinnt, müssen zentrale Finanzfragen deutliche Forschritte machen, wie die Unterstützung einer grünen, klimakompatiblen Wirtschaftserholung nach der COVID-19 Pandemie, inklusive eines klaren Schubs für die weitere Dekarbonisierung der Finanzströme. Aber von den führenden Industrientionen erwarten sich Entwicklungsländer auch neue Anstrengungen für eine klimagerechte Entschuldung (zum Beispiel über Debt-for-Climate Swaps) und an Klimavulnerabilität geknüpfte Konzessionsfinanzierung (vor allem für Kleine Inselstaaten), neue Finanzzusagen für die Anpassungsfinanzierung und Fortschritte in der Diskussion um die Bezahlung von klimabedingten Verlusten und Schäden.

Bei all diesen Fragen können die Vereinigten Staaten unter Biden zeigen, ob sie einer Führungsrolle im internationalen Klimaprozess gewachsen sind.