Bürgerrat KI und Freiheit

Gemeinsam wissen wir mehr

Künstliche Intelligenz prägt unseren Alltag immer stärker, doch wer entscheidet eigentlich, woran in diesem Bereich geforscht wird? Der Bürger*innenrat "KI und Freiheit" der Universität Tübingen ging 2024 einen neuen Weg: 40 zufällig ausgewählte Bürger*innen aus Baden-Württemberg führten vier Tage lang Gespräche mit Fachleuten zu der Frage, wie Wissenschaft und Gesellschaft die Zukunft der KI-Forschung gemeinsam gestalten können. Das Resultat ist ein Policy Paper mit konkreten Empfehlungen, die Politik, Forschung und Zivilgesellschaft jetzt herausfordern.

Ein Projekt des RHET AI Center der Universität Tübingen

Lesedauer: 3 Minuten
Bürgerrat KI und Freiheit, dekorativer Hintergrund

Deliberative Demokratie in Aktion: Wie der Bürger*innenrat funktioniert

Der Rat war ein Experiment in deliberativer Partizipation: 40 Bürger*innen, zufällig ausgelost trafen an vier Wochenenden auf KI-Forschende, Ethiker*innen und Politiker*innen. Ihr Ziel: Empfehlungen zu entwickeln, wie KI-Forschung transparenter, inklusiver und gesellschaftlich verantwortungsvoller gestaltet werden kann.

  • Vielfalt als Stärke: Die Teilnehmenden kamen aus Großstädten und Dörfern, hatten unterschiedliche Berufe und Lebenserfahrungen. Viele von ihnen hatten zuvor kaum Berührungspunkte mit Wissenschaft.
  • Wissenschaft zum Anfassen: In Workshops, Diskussionen und durch den Austausch mit Expert*innen lernten sie, wie KI funktioniert und wo sie im Alltag bereits wirkt.
  • Echte Mitgestaltung: Die Empfehlungen wurden nicht „über die Köpfe der Menschen hinweg“ beschlossen, sondern in Kleingruppen erarbeitet, diskutiert und abgestimmt.

Den Organisator*innen des Bürger*innenrats war wichtig, dass ganz unterschiedliche Menschen zu Wort kommen. Ihre Sichtweisen sollen in die Diskussionen über KI und in politische Entscheidungen zur öffentlich finanzierten KI-Forschung einfließen. Die Überzeugung dahinter ist klar: Gemeinsam wissen wir mehr. Und wenn wir mehr wissen, können wir bessere Entscheidungen treffen, die allen nutzen.v

Die zentralen Empfehlungen: Was die Gesellschaft von der KI-Forschung fordert

Die Empfehlungen des Rats sind klar und praxisnah. Sie zeigen, wo die Gesellschaft mehr Mitsprache, Transparenz und Verantwortung einfordert:

1. KI-Forschung muss verständlich und zugänglich sein

  • Klare Sprache: Forschungsergebnisse sollen in verständlichen Formaten kommuniziert werden.
  • Barrierefreie Beteiligung: KI-Projekte müssen so gestaltet sein, dass sie alle erreichen, nicht nur Expert*innen.

2. Datenspenden für den Gemeinwohl

  • Sichere Infrastruktur für Datenspenden: Bürger*innen sollen ihre Daten (z. B. Gesundheits- oder Verkehrsdaten) einfach und anonym für die Forschung bereitstellen können.
  • Kontrolle durch die Gesellschaft: Ein gewähltes Gremium soll den ethischen Umgang mit den Daten überwachen.

3. Dauerhafte Bürger*innen-Räte für KI-Themen

  • Langfristige Beteiligung: Besonders bei Themen wie autonomem Fahren oder CO₂-Reduktion im Verkehr sollen Bürger*innen regelmäßig zu Rate gezogen werden.
  • Transparenz über Risiken: Unsicherheiten von KI-Anwendungen müssen offen kommuniziert werden, um kein falsches Sicherheitsgefühl zu erzeugen.

4. Forschung, die den Menschen im Blick hat

  • Gesundheit und Medien im Fokus: KI im Gesundheitsbereich und in den Medien soll stärker gefördert werden, aber immer unter Berücksichtigung ethischer und gesellschaftlicher Folgen.
  • Forschungsthemen aus der Gesellschaft: Ein öffentlicher Fördertopf soll Projekte unterstützen, die aus Bürger*innen-Vorschlägen entstehen.

5. Wissenschaft und Gesellschaft im Dialog

  • Mehr Austausch, weniger Elfenbeinturm: Forschende sollen regelmäßig mit Bürger*innen ins Gespräch kommen, etwa durch Podiumsdiskussionen oder Reallabore.
  • Medienkompetenz stärken: Schulen und Bildungseinrichtungen sollen KI-Wissen vermitteln, um Manipulation und Desinformation vorzubeugen.

Ein Modell, das Schule machen könnte

Der Bürger*innenrat zeigt: Wenn Bürger*innen und Wissenschaft zusammenarbeiten, ist das mehr als nur eine schöne Idee. Menschen verschiedener Altersgruppen und Berufe bringen Sichtweisen ein, die die Forschung bereichern und näher an das heranführen, was die Gesellschaft wirklich braucht.


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