Frauen als Klimapionierinnen stärken. Welchen Rahmen setzt die Politik?

Wie Frauen in Führungspositionen die ökologische Transformation in Land-, Energie-, Transport- und Finanzwirtschaft voranbringen

Thekla Walker

Ulrike Röhr - GenderCC, Women for Climate Justice e.V. -  stellt bei diesem Mitschnitt die Ministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg - Thekla Walker - vor, die bei unserer Veranstaltung im Dezember 2021 über das Thema - Frauen als Klimapionierinnen stärken. Welchen Rahmen setzt die Politik? - sprach.

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Der Mitschnitt als Text

Ulrike Röhr

Wir wollen uns in der Podiumsdiskussion damit befassen, wie Frauen als Pionierinnen gestärkt werden können. Dazu gehört natürlich auch, zu fragen: „Wo sind die Frauen denn in der Politik und in den Unternehmen?“ Das kam im Chat auch schon auf: „In welchen Positionen, mit welchem Einfluss und wie können sie stärker werden?“ Wir wollen dabei zunächst einen Blick auf die Politik werfen, um uns danach dann einige der für den Klimaschutz so wichtigen Sektoren anzusehen. Das sind Transport und Logistik, Landwirtschaft, Energie und die Finanzwirtschaft, auch als übergreifender Sektor. Wir werden dabei einen Einblick erhalten, wie sich diese verschiedenen Sektoren in Bezug auf eine klimapolitische Transformation oder auch Energiewende einstellen und aufstellen, welche Rolle Frauen dabei spielen, ob und welche Unterschiede es bei der Beteiligung von Frauen, auch zwischen den Sektoren oder Branchen gibt, und worin diese begründet sein können. Kurz: Wir werden eine sehr spannende Diskussion haben und hoffentlich viel voneinander lernen. Wir starten die Podiumsdiskussion mit einem Input der baden-württembergischen Umweltministerin Thekla Walker zu dem Thema, welchen Rahmen die Politik setzt, um Frauen als klimapolitische Pionierinnen zu stärken. Thekla Walker hat ihr umweltpolitisches Engagement bei Greenpeace begonnen, bereits Anfang der 2000 Jahre. Dort hat sie Radiosendungen zu Umwelt, Energie und Klima-Themen produziert. Von 2009 bis 2014 war sie Stadträtin in Stuttgart für Bündnis 90/die Grünen. Von 2011 bis 2016 war sie dann Vorsitzende des grünen Landesverbandes Baden-Württemberg, wo sie aktuell auch wieder in den Parteirat gewählt worden ist. Ich weiß aber nicht, ob der Vorsitz im Parteirat was anderes ist. Das müsste Frau Walker dann selbst sagen. Ich jedenfalls gratuliere herzlich dazu.

Thekla Walker

Vielen herzlichen Dank für die Begrüßung und ich freue mich, heute hier dabei zu sein bei einem Thema, das wirklich spannend ist. Es war auch sehr spannend für mein Ministerium, denn ich glaube, so eine Fragestellung hat das Haus noch nicht bekommen. Als das bei mir landete, wäre das eine Möglichkeit, dass ich an dieser Veranstaltung „Sind Frauen die besseren Klima Pionierinnen?“ teilnehme, da war ein bisschen, wie soll ich sagen, Irritation. Ja, wieso das denn? Und warum soll das jetzt ein Frauenthema sein? Und was kann man denn überhaupt dazu sagen? Und ich finde, das war sehr interessant, denn es hat schon viel ausgesagt, dass man im Grunde genommen diese Themen bislang wenig zusammengedacht hat oder überhaupt darüber nachgedacht hat. Wer steht denn für die Klimabewegung? Wen sieht man denn da? Oder ist es überhaupt ein Thema, bei dem es auch um Geschlechtergerechtigkeit geht?

Und ich denke, in letzter Zeit sind schon einige Frauen aufgetaucht in der Klimaschutz-Bewegung, die sich einen Namen gemacht haben und die auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Natürlich ganz klar Greta Thunberg. Aber ich meine auch andere Frauen, wie zum Beispiel Wissenschaftlerinnen, Frau Antje Boetius oder Maja Göpel oder Claudia Kemfert. Das sind Frauen, die in dieser Debatte in den vergangenen Jahren mehr wahrgenommen werden konnten.

Was sehr erfreulich ist, finde ich, weil damit Frauen in dieser Debatte dann auch vorkommen mit ihrer Expertise. Oder Friederike Otto fällt mir noch ein, als eine Wissenschaftlerin in Großbritannien, die auch zum Thema Klima forscht. Und ich denke, das ist zunächst mal ein gutes Zeichen.

Aber wenn man weiter in die Tiefe geht, bei Organisationen, bei Verbänden, bei Energiegenossenschaften und so weiter, da erlebe ich das persönlich immer, dass es natürlich Frauen gibt. Es gibt die einzelnen Pionier-Frauen, die aktiv sind, die etwas machen, die etwas auf die Beine stellen. Aber ein ganz großer Teil ist in dem Bereich schon männlich dominiert. Zum Beispiel technischer Umweltschutz, das ist so ein klassisches Feld, in dem ich auch selber, wenn ich unterwegs bin, ganz häufig auf Männer treffe. Also sehr, sehr viele Männer. Das ist in diesem Bereich immer noch eine gewisse Domäne, habe ich den Eindruck. Wenn Sie jetzt in die Führungszirkel von Stadtwerken schauen oder eben, wie ich gerade sagte, Energiegenossenschaften, da gibt es auch Frauen, aber sie sind doch unterrepräsentiert. Und da ich, bevor ich jetzt in das Umweltthema eingestiegen bin in dieser Legislatur, davor auch finanzpolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion war, darf ich nochmal dazu sagen, dass die Finanzbranche noch krasser ist. Also, was ich da erlebt habe, bei großen Veranstaltungen, da war man als Frau absolut in der Minderheit. Und das ist schon wirklich erstaunlich, wenn man sich überlegt, was in den vergangenen Jahren alles diskutiert wurde, wie das immer wieder als Ziel vorangestellt wurde - Frauen müssen genauso repräsentiert sein wie Männer und sie sollen den gleichen Anteil haben wie Männer. Und wir sehen einfach in der Realität, es ist nicht der Fall, es ist schlicht und ergreifend nicht die Realität. Und von daher finde ich schon, dass man etwas tun muss, um Frauen in diesen Themenfeldern zu stärken. Ich habe den Eindruck, dass die jüngeren Frauen, wenn ich jetzt an Luisa Neubauer und viele andere jüngere Klima-Aktivistinnen denke, dass sie viel selbstverständlicher schon in der Rolle sind als die Frauen in meiner Generation. Ich bin Ende der 1960er Jahre geboren und ich glaube meine Generation, so um die 50 und älter, wir sind sehr wenig repräsentiert. Die Frauen, die etwas jünger sind, sind da besser aufgestellt. Aber es gibt zwei, drei Aspekte, die ich für sinnvoll halten würde, wenn die Frage an mich gerichtet wird, „Wie können wir die Frauen stärken?“. Dann sehe ich da schon die Instrumente, über die wir in den vergangenen Jahren immer wieder diskutiert haben und die auch zum Teil schon angewendet werden, aber eben nicht vollständig. Da ist zum einen dieser alte Spruch aus den 1960er Jahren der Frauenbewegung „The private is the political“, also haben wir Bedingungen, die es Frauen ermöglichen, sich zu engagieren, auch wirklich teilzuhaben? Wann trifft man sich eigentlich? Wann finden Veranstaltungen statt, welche Netzwerke gibt es? Das sind Fragen, die für uns Frauen oder für Leute, die sich auch in der Familie mit engagieren, immer noch eine große Rolle spielen. Ich weiß es selber, denn ich habe auch angefangen als engagierte Naturschützerin, beim NABU, bei Greenpeace und habe auch selber gemerkt, wie ich in bestimmten Jahren, als meine Kinder noch klein waren, immer wieder an Grenzen gestoßen bin mit meinem Engagement, wo ich einfach wusste, ich kann mich jetzt bis hierher engagieren, aber dann schaffe ich es einfach nicht mehr. Und zu diesem einen Treffen am Abend oder am Wochenende kann ich jetzt einfach nicht mehr gehen. Also das ist das eine. Und das andere ist aus meiner Sicht, dass man darauf achten sollte, dass das erste und einfachste ist, Frauen einzuladen. Das kann ich jetzt auch als Ministerin praktizieren. Wenn ich ein Podium veranstalte, wenn ich überhaupt über diese Themen spreche, darauf zu achten, dass mindestens die Hälfte doch auch Frauen sein sollten, und das ist gar nicht selbstverständlich. Das ist überhaupt nicht so, das darf ich Ihnen wirklich sagen, aus meiner Erfahrung von jetzt sechs Monaten in dem Bereich, es ist eigentlich nicht selbstverständlich und man sollte das auf jeden Fall beachten und bei seinen eigenen Veranstaltungen entsprechend praktizieren. Ich habe immer dafür gekämpft, dass wir auch ein Wahlrecht haben in Baden-Württemberg, das insgesamt ermöglicht, dass mehr Frauen im Parlament sitzen. Am besten wäre natürlich eine Quotenregelung, also eine wirkliche Parität. Und das würde ich auch den Umweltverbänden empfehlen, mal darüber nachzudenken, dass es auch in ihrem Thema eine Rolle spielt und dass da doch häufig Männer zu finden sind. Ich fände das durchaus einen Gedanken, den man auch mal einbringen kann, ich würde das gleich mal mitnehmen zu den Naturschutz-Tagen am 6. Januar in Radolfzell, das finde ich eine gute Gelegenheit, mal mit diesem Thema zu kommen. Und ansonsten ist es so, dass wir politisch streng darauf achten müssen, dass wir die Gremien, die wir schaffen, auch wirklich mit Frauen besetzen. Ich habe jetzt den Sachverständigenrat zum Klimaschutz auf den Weg gebracht, und da sitzen natürlich 50 % Wissenschaftlerinnen drin. Und ich finde, das muss die Vorgabe sein, das muss das Ziel sein. Und wir Frauen, die wir im Klimaschutz oder in diesen Themen oder Sektoren unterwegs sind, sollten diese Diskussion anstoßen. Wir sollten dafür sorgen, dass das überhaupt ein Thema wird. Und ich habe gesehen, es gibt wenige Studien dazu, wie zum Beispiel Klimaschutzmaßnahmen auf Geschlechtergerechtigkeit hin untersucht werden oder überhaupt untersucht werden können. Da gibt es einfach viele Bereiche, die sehr interessant sind, denn wir reden beim Klimaschutz auch über kulturelle Fragen. Es ist nicht nur eine technische Frage, es ist eine kulturelle, es ist eine soziale Frage, ob wir das zusammen schaffen als Gesamtgesellschaft. Und insofern finde ich es spannend, auch da hinzuschauen und zu gucken, was wir mitnehmen können oder entwickeln müssen. Aber ich merke in meinem Umfeld auch, dass es eben noch viel Luft nach oben gibt in der Frage und dass man überhaupt mal damit anfängt, sich ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen. So viel mal als Input von meiner Seite und ich freue mich auf die Diskussion.